Mandanteninformationen für August 2018

10. Dezember 2019

A. Ausstieg aus „teurer“ Altersversorgung: Wechselprämie des Arbeitgebers unterliegt ermäßigtem Steuersatz

Mit steigendem Einkommen klettert auch der Einkommensteuersatz des Steuerzahlers – bei Spitzenverdienern auf bis zu 45 %. Um die steuererhöhende Progressionswirkung abzuschwächen, dürfen außerordentliche Einkünfte wie beispielsweise Abfindungen und Entschädigungen mit einem ermäßigten Steuersatz versteuert werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass diese günstige Besteuerungsvariante auch für „Wechselprämien“ gilt, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer zahlt, damit dieser aus einer „teuren“ betrieblichen Altersversorgung aussteigt.

Im Urteilsfall stand einem Angestellten zunächst eine betriebliche Altersversorgung nach beamten­rechtlichen Grundsätzen zu. Der Arbeitgeber schloss jedoch die entsprechende Versorgungsein­richtung und bot dem Angestellten an, seine bereits erworbenen Anwartschaften in ein beitrags­finanziertes System zu überführen. Die zu erwartenden Versorgungsansprüche fielen dann jedoch wesentlich geringer aus. Um die Bereitschaft zum Ausstieg aus der „Komfortversorgung“ zu erhöhen und den Verlust künftiger Rentenansprüche auszugleichen, bot der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine „Wechselprämie“ i.H.v. 46.000 € an, die dieser annahm.

Das Finanzgericht München entschied in erster Instanz, dass dieser Betrag nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, sondern regulär versteuert werden muss, da das Anstellungsverhältnis fortgeführt worden ist.

Der BFH gestand dem Angestellten in zweiter Instanz nun die ermäßigte Besteuerung zu und verwies darauf, dass das Einkommensteuergesetz hierfür keine vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlange. Es genüge vielmehr, wenn eine Entschädigung in einem fortge­setzten Anstellungsverhältnis auf einer neuen Rechtsgrundlage gezahlt werde, um den Wegfall zukünftiger Ansprüche zu kompensieren.

Hinweis: Nach einem BFH-Urteil von 2009 kann eine steuerbegünstigte Entschädigung auch dann vorliegen, wenn ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Geldbetrag zahlt, damit dieser seine Wochenarbeitszeit unbefristet reduziert. Unerheblich ist auch dann, dass das Anstellungsverhältnis fortgeführt wird.

B. Beerdigungskosten: Geerbtes Sparguthaben steht Abzug als außergewöhnliche Belastung entgegen

Kosten für die Beerdigung von nahen Angehörigen können als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, soweit sie nicht aus dem Nachlass oder sonstigen (im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossenen) Geldleistungen bestritten werden können.

Hinweis: Das Finanzamt erkennt in diesem Fall die Kosten an, die unmittelbar mit der eigentlichen Bestattung zusammenhängen, beispielsweise Aufwendungen für den Erwerb der Grabstätte, den Sarg, die Urne, die Überführung und die Beisetzung. Die Kosten müssen sich aber in einem ange­messenen Kostenrahmen (bis 7.500 € pro Beerdigung) bewegen. Nicht abzugsfähig sind demgegen­über mittelbare Aufwendungen der Beerdigung, beispielsweise für Trauerkleidung, die Bewirtung der Trauergäste und die spätere Grabpflege.

Ein Witwer aus Sachsen hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) vergeblich versucht, die Kosten für die Beerdigung seiner Ehefrau i.H.v. 6.100 € als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Frau hatte an ihrem Todestag bei einer Sparkasse über ein Guthaben von 12.400 € und über ein Bauspar­kassenguthaben von 8.100 € verfügt. Vor Gericht wollte der Witwer den Kostenabzug mit dem Argu­ment durchsetzen, dass er selbst der wirtschaftliche Eigentümer der Sparguthaben gewesen sei und die Beerdigung somit nicht aus dem Nachlass seiner Ehefrau hätte bezahlt werden können. Zumindest habe er aber einen Anspruch auf Herausgabe des Geldes gegen seine Ehefrau gehabt, da er ihr zu Lebzeiten – als einziger Verdiener in der Ehe – einen großzügigen Ehegattenunterhalt gezahlt habe.

Der BFH ließ diese Argumente jedoch nicht gelten: Nach Gerichtsmeinung war nicht feststellbar, dass der Ehemann tatsächlich wirtschaftlicher Eigentümer der Spareinlagen war. Darüber hinaus konnte er das Gericht auch nicht davon überzeugen, dass er mit der „Überversorgung“ seiner Ehefrau zu Leb­zeiten für einen gegenzurechnenden Ausgleichsanspruch gesorgt hatte. Es stand nicht fest, dass seine Leistungen überhaupt das unterhaltsrechtlich geschuldete Maß übertroffen hatten. Ferner war nicht erkennbar, dass der Mann bei Hingabe der Geldleistungen die Absicht hatte, später Ersatz von seiner Ehefrau einzufordern.

Im Ergebnis war somit genügend Nachlass vorhanden, um die Beerdigung zu finanzieren, sodass der Mann die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehen konnte.

C. Prozesskosten: In Kernbereichen des persönlichen Lebens steuerlich abzugsfähig

Wenn ein Kind von einem Elternteil entführt wird und nun in einem anderen Land lebt, ist das für den anderen Elternteil mit kaum vorstellbarem Leid verbunden. Dieses schreckliche Szenario berührt einen Kernbereich der menschlichen Existenz. Mit einem solchen Fall musste sich kürzlich das Finanzgericht Düsseldorf (FG) befassen. Es hatte die Frage zu beantworten, ob eine „immaterielle Existenzgrundlage“ auch steuerlich zu berücksichtigen ist.

Darüber hatte der Vater einer von der Mutter nach Südamerika entführten Tochter mit dem Finanzamt gestritten. Um seine Tochter wiederzubekommen oder zumindest ein Umgangsrecht zu erwirken, hatte er den Rechtsweg beschritten und gut 20.000 € an Prozesskosten zahlen müssen. Diese wollte er nun als außergewöhnliche Belastung beim Finanzamt geltend machen. Allerdings gibt es im Steuerrecht ein Abzugsverbot für außergewöhnliche Belastungen, sofern es sich bei ihnen um Zivilprozesskosten handelt.

Das FG ließ den Abzug dennoch zu. Denn immer dann, wenn die Existenzgrundlage einer Person betroffen ist, sind Zivilprozesskosten ausnahmsweise doch als außergewöhnliche Belastung abzieh­bar. Nach Auffassung der Richter umfasst die menschliche Existenzgrundlage mehr als nur den wirtschaftlichen Bereich. Auch Kernbereiche des persönlichen Lebens zählen dazu.

Hinweis: Sie führen ebenfalls einen Prozess und möchten wissen, ob Ihre Kosten berücksichtigungs­fähig sind bzw. welche Kosten überhaupt als außergewöhnliche Belastungen gelten? Gern informie­ren wir Sie ausführlich und beraten Sie zu Ihren konkreten Fragen.

D. Nachzahlungszinsen: BFH zweifelt an Verfassungsmäßigkeit des 6%igen Zinssatzes

Steuernachzahlungen müssen mit einem gesetzlichen Zinssatz von 6 % pro Jahr (0,5 % pro Monat) verzinst werden; der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Steuerjahres (für 2017 beispielsweise ab dem 01.04.2019).

Hinweis: Durch diese Vollverzinsung will der Fiskus mögliche Liquiditätsvorteile abschöpfen, die dem Steuerzahler durch eine späte Steuerfestsetzung entstehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) entschieden, dass der Zinssatz von 6 % ab dem Jahr 2015 schwerwiegenden verfassungsrecht­lichen Zweifeln unterliegt. Mit diesem vielbeachteten Beschluss erhielt ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen recht, das nach einer Außenprüfung eine Einkommensteuer von 1,98 Mio. € nachzahlen sollte. Da die Steuerzahlung ein Altjahr betraf, forderte das Finanzamt zudem Nachzahlungszinsen von 240.831 € ein. Der BFH setzte die Vollziehung des Zinsbescheids nun in vollem Umfang aus, sodass das Ehepaar die Zinsen vorerst nicht zahlen musste.

In seiner Entscheidung kritisierte der BFH die realitätsferne Bemessung des Zinssatzes und sah darin eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Da sich mittlerweile ein niedriges Marktzinsniveau verfestigt habe, überschreite der gesetzliche Zinssatz den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße. Der BFH zweifelt daran, dass der Zinssatz in Einklang mit dem sogenannten Übermaßverbot steht, da die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes in Zeiten des Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung wirkt.

Hinweis: Da der Beschluss lediglich die AdV betraf, musste der BFH nur eine summarische Prüfung der Streitfrage vornehmen. Eine abschließende Klärung kann von mehreren Verfahren erwartet wer­den, die derzeit noch beim BFH und beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind. Gleichwohl lassen sich aus der AdV-Entscheidung bereits wichtige Begründungsstränge für gleichgelagerte Fälle ableiten. Für Steuerzahler verbessern sich damit die Chancen, für Zeiträume ab 2015 eine AdV von Zinsbescheiden zu erreichen.

E. Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft: Folgen einer verspäteten Zusammenfassenden Meldung

In einem österreichischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Besteuerung inner­gemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte. Für das deutsche Umsatzsteuerrecht ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) jedoch ebenfalls von Bedeutung.

Klägerin war hier eine in Deutschland ansässige KG, die von Oktober 2012 bis März 2013 in Österreich zur Umsatzsteuer erfasst war und eine österreichische Umsatzsteuer-Identifikations­nummer (USt-ID) besaß. Sie bewirkte Dreiecksgeschäfte, indem sie Waren von einem deutschen Unternehmen kaufte und an einen tschechischen Abnehmer verkaufte. Die Lieferung erfolgte direkt von Deutschland nach Tschechien.

Die KG trat gegenüber dem deutschen Lieferanten mit der österreichischen USt-ID auf. Auf der Rechnung an den tschechischen Abnehmer wies sie die eigene österreichische sowie die tsche-­chische USt-ID des Empfängers aus und vermerkte, dass ein Dreiecksgeschäft vorliege und der Abnehmer der Steuerschuldner sei.

Für Oktober 2012 bis Januar 2013 gab die KG am 08.02.2013 (und damit teilweise verspätet) Zusammenfassende Meldungen (ZM) ab. Zwar gab sie die eigene österreichische und die tsche-­chische USt-ID des Empfängers an. Es fehlte jedoch der Hinweis, dass ein Dreiecksgeschäft vorlag. Das holte die KG im April 2013 nach und gab zudem die ZM für die Umsätze im Februar und März 2013 ab. Zu diesem Zeitpunkt war die eigene österreichische USt-ID jedoch nicht mehr gültig.

Das österreichische Finanzamt sah die Dreiecksgeschäfte als missglückt an, da die KG die ZM verspätet abgegeben hatte und nicht nachweisen konnte, dass die Umsatzsteuer beim Empfänger in Tschechien erhoben worden war. Da die KG mit der österreichischen USt-ID auftrat, setzte das Finanzamt in Österreich eine Umsatzsteuer fest.

Das Bundesfinanzgericht folgte der Auffassung. Die KG legte Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein, der wiederum mit zwei Fragen zur Vorabentscheidung an den EuGH herantrat. Dieser hat ent­schieden, dass für einen Steuerpflichtigen, der in mehreren Mitgliedstaaten zur Umsatzsteuer erfasst ist, nur die USt-ID heranzuziehen ist, unter der dieser auftritt und den innergemeinschaft­lichen Erwerb tätigt. Ein Dreiecksgeschäft kann nicht allein dadurch versagt werden, dass der Steuerpflichtige auch im Abgangsmitgliedstaat zur Umsatzsteuer registriert ist.

Damit stellt der EuGH klar, welche Voraussetzungen er als materiell ansieht. Die Vorgabe, wonach der Erwerber eine ZM einreichen muss, sieht er als formelle Voraussetzung. Der innergemein-schaftliche Erwerb gilt bei Erfüllung der materiellen Voraussetzungen als besteuert, selbst wenn die formellen Anforderungen nicht rechtzeitig erfüllt sind. Eine verspätet abgegebene ZM ist daher für ein Dreiecksgeschäft unschädlich.

Hinweis: Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie von der Entscheidung des EuGH betroffen sind, sprechen Sie uns an.

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