Mandanteninformationen für Februar 2019

13. Dezember 2019

A. Bürgschaftsinanspruchnahme: Gesellschaftereinlage führt zu nachträglichen Anschaffungskosten

Hat sich ein Gesellschafter für die Verbindlichkeiten seiner Gesellschaft verbürgt und leistet er eine Einmalzahlung in die Kapitalrücklage der Gesellschaft, um seiner Bürgschaftsinanspruchnahme zu entgehen, führt dieser Vorgang nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein GmbH-Gesellschafter eine Bürgschaft für Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen. Da die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft, die Vollstreckung in ein als Sicherheit dienendes privates Grundstück und die Liquidation der Gesellschaft drohten, leistete der Gesellschafter (ebenso wie weitere Familiengesellschafter) eine Zuführung in die Kapitalrücklage der GmbH. Ein Teil der zugeführten Gelder stammte aus der – mit der Gläubigerbank abgestimmten –Veräußerung des besicherten Grundstücks. Die GmbH tilgte mit dem erhaltenen Geld ihre Bankverbindlichkeiten, sodass die Bürgen von der Haftung freigestellt wurden. Anschließend veräußerten der Gesellschafter und seine Mitgesellschafter ihre Geschäftsanteile für 0 €.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2010 wollte der Gesellschafter einen Veräußerungsverlust abziehen, der sich aus der übernommenen GmbH-Stammeinlage und der späteren Kapitalzuführung zusammensetzte. Das Finanzamt erkannte jedoch nur den Verlust der eingezahlten Stammeinlage an, wogegen der Gesellschafter klagte.

Der BFH gab dem Gesellschafter nun recht und urteilte, dass die Einzahlung in die Kapitalrücklage zunachträglichen Anschaffungskosten führte und so den Veräußerungsverlust erhöhte. Als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung sind nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (nur) Aufwendungen des Gesellschafters zu erfassen, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen auch Einzahlungen in die Kapitalrücklage, die – wie im Urteilsfall –freiwillig und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbracht werden. Hier liegt laut BFH kein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch vor, da die Ausstattung einer Gesellschaft mit Eigenkapital nicht den Wertungen des Gesellschaftsrechts widerspricht.

Hinweis: Der BFH führt mit diesem Urteil seine geänderte Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Anschaffungskosten bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen fort, die infolge der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ergangen war.

B. Notleidende Gesellschafterdarlehen: Abzug von Refinanzierungszinsen im Fokus

Nimmt der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der zu mindestens 10 % an deren Stammkapital beteiligt ist, ein Darlehen bei einer Bank auf, um ein verzinsliches Gesellschafterdarlehen an die Kapitalgesellschaft auszureichen, sind die Schuldzinsen für das Refinanzierungsdarlehen grundsätzlich durch die Erträge aus dem Gesellschafterdarlehen veranlasst und können daher als Werbungskosten bei den (tariflich besteuerten) Kapitaleinkünften des Gesellschafters abgezogen werden. Das im Bereich der Kapitaleinkünfte geltende Werbungskostenabzugsverbot greift in diesem Fall nicht. Nach einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs gelten diese Grundsätze auch, wenn die Kapitalgesellschaft die geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Gesellschafterdarlehen nicht erbringt.

Die Schuldzinsen aus dem Refinanzierungsdarlehen können jedoch später unter das Werbungskostenabzugsverbot für Kapitaleinkünfte fallen, wenn ein Wechsel des Veranlassungszusammenhangs eintritt. Das heißt konkret: Verzichtet der Gesellschafter gegenüber der Kapitalgesellschaft auf sein Gesellschafterdarlehen gegen Besserungsschein, kann dieser Schritt bewirken, dass die Schuldzinsen für das Refinanzierungsdarlehen (bis zum Eintritt des Besserungsfalls) nicht mehr durch die Kapitalerträge aus dem Gesellschafterdarlehen, sondern fortan durch die Beteiligungserträge veranlasst sind. Dieser Wechsel tritt insbesondere ein, wenn der Gesellschafter durch seinen Verzicht auf Zins- und Tilgungsansprüche aus dem Gesellschafterdarlehen die Eigenkapitalbildung und Ertragskraft der Gesellschaft stärken möchte.

Hinweis: Die durch Beteiligungserträge veranlassten Refinanzierungszinsen können zumindest zu 60 % abgezogen werden, wenn der (unternehmerisch beteiligte) Gesellschafter spätestens mit Abgabe seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr des Forderungsverzichts die Anwendung des sogenannten Teileinkünfteverfahrens für die Dividende aus der Kapitalgesellschaft und die damit zusammenhängenden Werbungskosten beantragt.

C. Verpflegungsmehraufwand: Nichtinanspruchnahme von bereitgestellten Mahlzeiten

Als Arbeitnehmer hat man es manchmal nicht leicht. Je nachdem, in welcher Branche man tätig ist, wird einem so einiges vom Arbeitgeber abverlangt. Um den damit verbundenen Aufwand ein wenig abzumildern, bietet das Steuergesetz die Möglichkeit, berufsbedingte Aufwendungen als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen. Hierzu zählt auch der sogenannte Verpflegungsmehraufwand.

Der Verpflegungsmehraufwand wird immer pauschal angesetzt. Sofern man mehr als acht Stunden berufsbedingt von seiner Tätigkeits- oder Wohnstätte abwesend ist, werden einem pauschal 12 € als Verpflegungsmehraufwand zugestanden. An An- und Abreisetagen ist der Satz genauso hoch. Bei einer berufsbedingten Abwesenheit von mehr als 24 Stunden beträgt der Verpflegungsmehraufwand 24 €. (Im Ausland gelten andere Pauschalen.) Sofern der Arbeitgeber aber so freundlich ist und an diesen Tagen Mahlzeiten stellt, sind die genannten Verpflegungspauschalen zu kürzen, und zwar für ein Frühstück um 4,80 € und für ein Mittag- oder Abendessen um jeweils 9,60 €.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) musste bei einem Streit eines Soldaten mit dem Finanzamt entscheiden, ob diese Kürzung der Verpflegungspauschalen auch für Fälle gilt, in denen die Mahlzeit gar nicht in Anspruch genommen wurde. Der Soldat aus dem Streitfall nahm nämlich nur das Mittagessen in der Kaserne zu sich, Frühstück und Abendessen organisierte er sich selber.

Die Richter des FG ließen jedoch nur die Zuzahlungen des Soldaten zum Mittagessen zum Werbungskostenabzug zu. Im Gesetz steht eindeutig, dass eine Kürzung der Pauschalen zu erfolgen hat, sofern der Arbeitgeber Mahlzeiten stellt – und das hatte er im Streitfall getan. Die Inanspruchnahme dieser Mahlzeiten hat nach Auffassung des FG keine Relevanz. Die Klage ging daher verloren.

Hinweis: In diesem Fall ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Bundesfinanzhof wird in der Revision diese Beurteilung noch einmal überdenken. Sobald die höchsten Finanzrichter ihr Urteil gefällt haben, informieren wir Sie wieder.

D. Miet- und Pachtzinsen: Hinzurechnung gilt auch für Instandhaltungskosten des Mieters

Bei der Berechnung der Gewerbesteuer muss der steuerliche Gewinn des Gewerbebetriebs zunächst um verschiedene gewerbesteuerliche Hinzurechnungen erhöht und müssen gewerbesteuerliche Kürzungen vermindert werden, sodass sich der Gewerbeertrag ergibt – die maßgebliche Rechengröße für die weitere Gewerbesteuerermittlung.

Hinzuzurechnen ist beispielsweise ein Teil der Miet- und Pachtzinsen, die ein Gewerbetreibender für die Benutzung von fremden unbeweglichen Wirtschaftsgütern (z.B. Firmengebäuden) zahlt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun klargestellt, dass auch mieterseitig übernommene Instandhaltungsaufwendungen i.d.R. als Miet- und Pachtzinsen hinzugerechnet werden müssen.

Im zugrunde liegenden Entscheidungsfall hatte eine GmbH in den Jahren 2010 und 2012 umfangreiche Instandhaltungsaufwendungen für das von ihr angemietete Firmengelände getragen. Die Kostenübernahme war im Mietvertrag vorgesehen – im Gegenzug musste die GmbH keine reguläre Monatsmiete zahlen.

Das Finanzamt rechnete die übernommenen Instandhaltungsaufwendungen beim Gewerbeertrag der GmbH hinzu und erhielt hierfür zunächst grünes Licht vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Der BFH folgte dieser Einschätzung nun und wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Die Bundesrichter verwiesen auf die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung, die zur Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen vor der Unternehmensteuerreform 2008 ergangen war. Hiernach muss der Begriff der Miet- und Pachtzinsen wirtschaftlich verstanden werden, sodass auch mieterseitig getragene Instandhaltungskosten zu erfassen sind, die nach dem gesetzlichen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter getragen werden müssten. Nach Ansicht des BFH kann diese Rechtsprechung auch auf die Rechtslage ab dem Jahr 2008 übertragen werden.

E. Bauträger: Rechtswidrige Besteuerung kannohne Einschränkungen korrigiert werden

Sind Bauträger bislang rechtsirrig davon ausgegangen, dass sie als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für von ihnen bezogene Bauleistungen schulden, können sie das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkungen geltend machen – dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden und sich damit den einschränkenden Regelungen der Finanzverwaltung entgegengestellt.

Diese Rechtsprechung ist nahezu für die gesamte Bauträgerbranche relevant, die in der Vergangenheit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft hat. Die Finanzämter waren bis Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger als Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen heranzuziehen sind. Der BFH hatte diese Verwaltungspraxis jedoch bereits im November 2013 verworfen. Vordergründig eröffnete sich dadurch die Möglichkeit, Wohnungen ohne Umsatzsteuerbelastung zu bauen: Bauunternehmer konnten im Hinblick auf die ausdrückliche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen – und der Bauträger war entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner.

Der Gesetzgeber hat hierauf 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig regelt. Zudem wurde der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt, was vom BFH bereits im Wesentlichen gebilligt worden ist.

Ungeklärt war bislang die Frage, ob die Finanzverwaltung berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur dann nachzukommen, wenn

– der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder

– für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht.

Diese Voraussetzungen hatte das Bundesfinanzministerium in einem Anwendungsschreiben aus dem Jahr 2017 formuliert. Nach dem neuen BFH-Urteil sind diese Einschränkungen jedoch rechtswidrig.Nach Gerichtsmeinung handelt der Bauträger nicht treuwidrig, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlangt, ohne Umsatzsteuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat.

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